Anfang des Jahres 2000 wurde unser Karateverein unter dem Namen »C.V.J.M. Karate-Do Aufenau e.V.« gegründet. Der damalige Wächtersbacher
Bürgermeister Rainer Kretschmer und der Stadtverordnetenvorsteher Gerhard Koch hatten zuvor den evangelische Pfarrer Matthias Fischer gebeten, mit Karate ein weiteres Angebot innerhalb der
Kinder- und Jugendarbeit in dem Wächtersbacher Stadtteil Aufenau zu schaffen. Der evangelische Kirchenvorstand stimmte einem Anschluss des Karatevereins an die Kirchengemeinde zu. Der C.V.J.M.
Karate-Do Aufenau e.V. wurde damit das erste kirchliche Jugendprojekt im Bereich Karate in Deutschland.
Pfarrer Fischer unterhielt bereits seit einigen Jahren einen engen Kontakt mit dem international bekannten Kampfkunsthistoriker und Großmeister Roland Habersetzer (9. Dan Karate-Do) in Frankreich. Die Bindung des Karatevereins an dessen Verband »Centre De Récherche Budo« war somit eine Selbstverständlichkeit. Herr Habersetzer legte den Schwerpunkt auf Karate als Kampf- und Selbstverteidigungskunst, was zur Leitlinie unseres Vereins wurde. In Aufenau wird Karate seit der Gründung des Vereins deshalb als Breitensport und zur Selbstverteidigung trainiert. Im Laufe der Jahre entwickelte Herr Habersetzer sein Tengu-ryu-Karate-Do, mit dessen Hilfe ein Karate-ka mental in die Lage versetzt wird, während einer realen Bedrohungssituation die im Training eingeübten und im Gehirn abgespeicherten Karate-Techniken abzurufen. Pfarrer Fischer bat Herrn Habersetzer, dem C.V.J.M. Karate-Do Aufenau e.V. einen neuen Namen zu geben. Der Großmeister schlug daraufhin »Tengu-Dojo Aufenau« vor. Dieser Name dokumentiert bis heute unseren Respekt und unsere enge Verbindung zu den Lehren des Großmeisters aus dem Elsass.
In den darauffolgenden Jahren ergab sich ein weiterer Kontakt mit einem anderen Großmeister. Matthias Fischer lud Vince Morris (9. Dan Karate-Do) und dessen Frau Eva zum Lehrgang im Bereich des Kata Bunkai und der
Selbstverteidigung ein. Vince Morris ist ein Spezialist für realistische, Karate-basierte Selbstverteidigung (Kissaki-Kai Karate), die er Polizeieinheiten, Sondereinsatz- und Spezialkommandos in
den Benelux-Ländern, Russland, den USA und weiteren Ländern unterrichtete. Pfarrer Fischer hatte bereits einige Lehrgänge von ihm besucht und kannte seine Veröffentlichungen seit vielen Jahren.
Aus diesem Kontakt ergab sich eine enge Verbindung, so dass Vince Morris das Tengu-Dojo Aufenau e.V. zu einem Kissaki-Kai Dojo ernannte.
Eine Freundschaft mit dem 1. Budoclub Bruchsal besteht seit 2011. In diesem Dojo fanden die Hauptaktivitäten des Selbstverteidigungsbereiches des Deutschen Karateverbandes statt. Werner Dietrich und Siegfried Wolf schulten dort alle, die lernen wollten, wie man Karate nicht bloß als Sport betreibt, sondern sich damit auch effektiv verteidigen kann. Aus dieser Arbeit entstand der Verband für Gewaltprävention und Selbstschutz (VGS), der im Sommer 2018 gegründet wurde, woran Pfarrer Fischer beteiligt war. Hier werden Methoden der Selbstverteidigung und Gewaltprävention vermittelt, die von Spezialisten der Polizei Karlsruhe entwickelt wurden. Das Tengu-Dojo Aufenau e.V. gehört als Mitgliedsverein ebenfalls dem Verband an. Mitglieder unseres Vereins nehmen an Ausbildungen (Gewaltpräventionstrainer/In) und Lehrgängen (SV mit System) teil.
Karate-Do (der Weg des Karate) gehört zu den Künsten des Budo (Weg, die Lanze zu stoppen). Es ist daher eine Verteidigungskunst, deren Hauptanliegen das Vermeiden
von Konflikten ist. Großmeister des Karate verstehen bis in unsere Tage deshalb auch diese Kampfkunst als Weg zum Frieden. Der gezielte Einsatz von Gewalt zur Beendigung einer Konfrontation darf
daher immer nur dann erfolgen, wenn keine andere Möglichkeit mehr besteht.
Das Verständnis von Karate veränderte sich allerdings auch, nachdem diese Kunst von Okinawa nach Japan gekommen war. Vor und im zweiten Weltkrieg wurden japanische
Kamikaze-Piloten in ihrer Ausbildung unter anderem Schlag- und Tritttechniken des Karate unterrichtet. Daneben entstand der Wunsch, sich mit anderen Karate-ka im Wettkampf zu messen – ein
Anliegen, dass den nach Japan gekommenen okinawanischen Meistern völlig fremd war. Nach langem Drängen der japanischen Studenten gaben Funakoshi Gichin und andere Großmeister nach, machten
allerdings auch aus ihrer Abneigung gegenüber dieser Deformierung des Karate keinen Hehl.
So gibt es heutezutage drei Weisen, Karate zu praktizieren:
– als wettkampforienterten Kampfsport
– als reines Selbstverteidigungssystem, mit dem ein oder mehrere Gegner schnell und effektiv
ausgeschaltet
werden können, oder
– als Weg der Persönlichkeitsentwicklung.
In unserem (christlichen) Verein steht der Do (Weg) im Vordergrund. Es geht darum, Karate als einen Weg zu begreifen, der den Übenden das innere Gleichgewicht
finden lässt, das sich in einem gewaltfreien und respektvollen Umgang mit seiner Umwelt dokumentiert. Wer gelernt hat, mit seinen eigenen Agressionen umzugehen, wer internalisiert hat, dass
allen Menschen eine gottgegebene Würde innewohnt, der braucht keine Gewalt, um sich selbst stark zu fühlen. Derjenige, der Karate studiert, kann sich selbst zurücknehmen, weil er den furchtsamen
Respekt seiner Umwelt nicht braucht. Er agiert deeskalierend in aggressionsgeladenen Situationen; er versucht, Konflikte gewaltfrei zu lösen.
Ein Sprichwort aus der Tradition der Samurai lautet: „Das Schwert in der Scheide ist ein Schatz!“ Dieser simpel wirkende Satz hat viel mehr Tiefe und umschreibt die
rechte innere Haltung eines Karate-ka (Studierenden des Karate- Wegs) wesentlich präziser als viele holprigen Erklärungsversuche der letzten vierzig Jahre. Wer Karate übt, formt aus dem Körper
eine scharf geschliffene Waffe. Kommt sie zum Einsatz, kann das zu erheblichen Verletzungen beim Angreifer führen. Deshalb muss der Geist (Bewusstsein und Unterbewusstsein), der den Körper lenkt,
ebenso intensiv geformt werden. Ein aufrechter Mensch, der in Gewalt keinen Sinn sieht – so ist das Idealbild eines Karate-ka. Dementsprechend wird nicht nur der Körper, sondern auch die
Persönlichkeit „trainiert“. Wer in Konfliktsituationen ohne die Aussicht auf eine friedliche Beilegung sich mit aller Härte mit Karate-Techniken verteidigt, tut das immer auch mit
Bedauern.
Derjenige, der noch ein paar Sätze der Bergpredigt, einem der zentralen Texte des Christentums im Ohr hat, wird hier sehr viel Ähnlichkeit zwischen Jesu Botschaft und der Ethik des Karate-Do entdecken: in beidem liegt die Achtung des Mitmenschen und die Vermeidung von Gewalt, die immer ein Ausdruck menschlicher Schwäche ist und bleibt.
Hier finden sie die Satzung unseres Vereins zum Download: